Demokratie in Ungarn darf nicht zum Opfer der Corona-Pandemie werden
Zur Billigung des Notstandsgesetzes in Ungarn erklärt Renata Alt, Vorsitzende der Parlamentariergruppe Slowakei-Tschechien-Ungarn und Berichterstatterin der FDP-Bundestagsfraktion für Mitteleuropa:
Viktor Orbán nutzt den momentanen Ausnahmezustand, um seine Macht weiter zu stärken. Die Corona-Pandemie darf nicht zum Vorwand uneingeschränkten Machtmissbrauchs werden. Die immer wiederkehrende Kritik der EU gegenüber Orbán scheint offensichtlich wirkungslos. Denn von der Warnung des Sprechers der Europäischen Kommission hat sich Viktor Orbán nicht beeindrucken lassen. Nicht einmal Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich kritisch geäußert, da sie auch mit Stimmen der Fidesz gewählt wurde. Daher hält sie ihre schützende Hand über Viktor Orbán. Damit macht sich die EU vollkommen lächerlich.
Außenminister Maas fordert regelmäßig, dass die Grundwerte der EU auch in der außergewöhnlichen Lage erhalten werden sollen. Was macht sein Ministerium und die Große Koalition konkret, um das zu erreichen? Ich sehe hier keine konstruktiven Vorschläge seitens der Bundesregierung. Ich erwarte von unserem Außenminister Heiko Maas und der EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ein entschlosseneres Entgegentreten, keine leeren Phrasen.
Die EU muss unter Beweis stellen, dass sie auch in Krisenzeiten handlungsfähig ist, indem sie die neuen ungarischen Dekrete und Gesetzentwürfe entschlossen als unrechtmäßig verurteilt. Das wird aber allein nicht reichen. Ausreichend Druck kann die EU nur mit Sanktionsmechanismen erzielen: Diese sind gerade jetzt durch die Verhandlungen um den Mehrjährigen Finanzrahmen sehr begrenzt. Wir brauchen daher einen langfristigen Kontrollmechanismus. Das kann man nur durch eine Änderung der EU-Verträge erreichen, der alle Mitgliedstaaten zustimmen müssen, auch Ungarn. Eine gemeinsame europäische Zukunft kann nur gemeinsam mit den mitteleuropäischen Staaten gestaltet werden, nicht durch nationale Alleingänge. Dies gilt sowohl für Deutschland als auch für Ungarn. Das habe ich auch in meinem Antrag im Deutschen Bundestag gefordert.